Oceans & Company: Reflexionen zur aktuellen Krise III

Oliver Alexander Obert
Managing Partner

Reflections
28 Apr 2020

Einleitung:

Annährend 6 Wochen sind vergangen, seit wir mit diesem Format die Corona-Krise reflektieren. Mittlerweile erwarten immer mehr Experten und Wissenschaftler, dass die Folgen der Pandemie branchenübergreifend beispiellos sein werden. Der IWF rechnet mit dem heftigsten Wirtschaftseinbruch seit der großen Depression in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts. Für die Eurozone werden, je nach Szenario, bis zu zweistellige Einbrüche in der Wirtschaftsleistung erwartet.

Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns in dieser Ausgabe mit der aktuellen Situation und der Entwicklung im gewerblichen Immobilienfinanzierungsmarkt – neben den Vermietungsmärkten ein wesentlicher Einflussfaktor auf Investment- Preise und Volumina.

Bei der gewerblichen Immobilienfinanzierung beobachten wir derzeit erhebliche Veränderungen:

Die Umsetzung von Finanzierungen verzögert sich und nimmt deutlich mehr Zeit in Anspruch.Teilweise stoppten Banken das Neugeschäft (insbesondere für Nicht-Bestandskunden).Im Neugeschäft fokussieren sich Banken möglichst auf Core-Objekte und meiden zyklische Assetklassen (Hotel, Co-Working, Retail, etc.).Das Pricing wird während des Kreditprozesses angepasst (auch für bereits herausgelegte Term Sheets und teilweise sogar bei Zinsfixings für unterzeichnete Kreditverträge).Generell verschlechtern sich die Konditionen im Neugeschäft (Pricing, Leverage, Besicherung, Covenants, etc.).

Unser Ansatz:

Das effektive Pricing für Kreditnehmer ergibt sich aus einem Referenzzinssatz (i.d.R. die hier dargestellten EURIBOR oder EURO-SWAP) zzgl. bankspezifischer Liquiditätskosten und weiterer Aufschläge, die u.a. Kreditausfallrisiko, Deckungsbeitrag und Hedging berücksichtigen.
Im Folgenden beleuchten wir zunächst die Entwicklung der Referenzzinssätze. Danach gehen wir auf die bankspezifischen Liquiditätskosten ein. In einer Umfrage haben wir Banken nach der Veränderung ihrer Liquiditätskosten seit Ausbruch der Corona-Krise befragt.

Der 3-Monats-EURIBOR ist seit Beginn der Corona-Krise angestiegen und liegt nunmehr rund 20 bp höher als während der zweiten Jahreshälfte 2019. Auch der 10-Jahres-EUROSWAP zeigt für die letzten drei Quartale lediglich moderate Schwankungen (+/- 30 bp p.a.) – auch nach Ausbruch der Corona-Krise.

Bemerkenswert ist aus unserer Sicht, dass bis Anfang März zunächst eine Spiegelung der Zinsentwicklung der vergangenen Jahre erfolgte. So sanken die Zinsen in Anbetracht einer drohenden Konjunkturabkühlung. Mit Beginn der Lockdown-Maßnahmen in Europa kam es jedoch zu einem sichtbaren Zinsanstieg.

Es bleibt abzuwarten in welche Richtung sich die Referenzzinssätze in den nächsten Monaten entwickeln. Eine eindeutiger Trend ist derzeit nicht erkennbar.

Liquiditätskosten:

Unter Liquiditätskosten verstehen wir jene Kosten, die Treasury-Abteilungen von Banken dem eigenen Kreditvertrieb für die unterschiedlichen Laufzeitenbänder vorgeben. Häufig wird hierbei auch vom sogenannten Einstand gesprochen.

Die Betrachtung der Entwicklung der Liquiditätskosten ermöglicht eine Differenzierung zwischen den Auswirkungen der Corona-Krise in Bezug auf

die Kosten von Banken im Allgemeinen (reflektiert in den Liquiditätskosten) unddie Wirtschaftlichkeit von Immobilien, wie Vermietbarkeit, nachhaltige Marktmiete, Investment-Yields etc. (reflektiert in niedrigeren Bewertungen, der vollständigen Meidung ausgewählter Assetklassen wie Hotels, Einkaufszentren oder Co-Working).

Die folgende Grafik zeigt – als Ergebnis einer von uns bei Banken durchgeführten Umfrage – die Veränderung der Liquiditätskosten seit Ausbruch der Corona-Krise.

Die Zahlen, wie auch die uns gegenüber getätigten Aussagen der befragten Kreditinstitute, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Es besteht für Banken derzeit keine Liquiditätskrise. Anders als in 2008/2009 und 2011 (US-Dollar) funktioniert die Bankenrefinanzierung grundsätzlich.Allerdings kommt es mitunter zu erheblichen Re-Pricings der Liquiditätskosten. Das Re-Pricing hängt dabei stark von den unterschiedlichen Instituten ab und trifft einige deutlich stärker als andere.Der Zugang zu Einlagen scheint die Liquiditätskosten zu beeinflussen. Institute ohne nennenswertes Einlagengeschäft (Landes- und Immobilienbanken) passten ihre Liquiditätskosten in höherem Umfang an, als Privat- und Geschäftsbanken, Volksbanken und Sparkassen.Die Vertriebseinheiten der Banken erhalten von ihren Treasury-Abteilungen nur noch kurzfristige Aussagen zu den Liquiditätskosten. Zuvor waren entsprechende Fixings oftmals für einige Wochen möglich.Generell erwarten Banken, dass der Prozess des Re-Pricings der Liquiditätskosten noch andauern wird. So haben Banken damit begonnen, die Zinsen für Einlagen anzuheben. Dies wird zeitverzögert zu einer Verschiebung von Liquidität führen.

Die Kenntnis der verschiedenen Finanzierungspartner für Immobilien-Investitionen ist wichtiger denn je! Sprechen Sie uns an – wir freuen uns auf ein Gespräch mit Ihnen.

Wir wünschen Ihnen trotz der widrigen Umstände eine produktive Woche. Vor allem:

Bleiben sie gesund!